25.02.2010

Gedanken zum Paradies

 
 Die Zeit misst sich im dumpfen Auf und Ab der Wellen, die schwer und träge über das blendende Weiß des Sandes rollen, sich fächerförmig ausbreiten und als kleine Rinnsale zurück ins Meer rieseln. Eine Kokosnuss tanzt auf den Wellenkämmen hin und her. Den grünen Keimling reckt sie wie ein Segel in den kaum spürbaren Wind, wippend, dem Spiel der Wellen völlig hingegeben. Die spitzen Zacken der Palmwedel zittern in hundertfacher Bewegung. In ihrem Zischeln und Knattern sprechen sie die Sprache des Windes, erzählen das immer gleiche Märchen vom Garten Eden.
Träge hockt ein Beo im Wirrwarr der am glatten Palmholz klammernden Orchideen. Müde und fremd klingt seine Melodie. Als er sein amselschwarzes Gefieder spreizt und zum Flug öffnet, leuchten die weiß gezeichneten Schwingen wie eine Erinnerung an Schnee.
Selbst in den Morgenstunden liegt die Hitze wie ein schwerer Mantel über der prallen Schönheit der verschwenderischen Natur. Im sonst so hektischen Flattern der Schmetterlinge liegt Gleichmut und Ruhe, Gleitflug auf träger Luft.
Langsam auch die Bewegungen der Menschen. Das Lächeln der Gesichter, Gelassenheit in den ebenmäßigen Gesichtszügen, die, wie die Natur, die Sprache der Schönheit sprechen. Schwarz glänzendes Haar und samtene, schokoladenbraune Haut. Feingliedrig und zart in Form und Bewegung sind die Menschen, die das Leben hier formt.
 
Der Fremde fühlt sich fremd in diesem Paradies. Nie wird es ihm gelingen, eins zu werden mit dieser Stille. Noch immer Unruhe im Herzen? Der Fremde wartet. Er sucht.
In der Schönheit der Gesichter lässt sich nicht lesen. Das Lächeln verbirgt den Charakter. Nur Gleichmut – keine Entschlossenheit? Nur Ruhe – keine Leidenschaft? Nur Ebenmaß – kein Makel, der von Schwächen erzählt, die den Menschen menschlich machen.
Der Fremde fühlt sich fremd. Bewunderung, Staunen, Fragen, viele Fragen… Der Fremde wartet. Er sucht.
Er spürt, dass ihm der Wandel fehlt. Immer Sonne, keine Schauerwolken. Noch immer kein Regenbogen?
Der Fremde fühlt sich fremd im Paradies. Er versucht sich im Rauschen des Meeres das Knirschen von Schnee vorzustellen und im schweren, süßen Duft der Ananas den klaren Hauch der eiskalten, glitzernden Winterluft.
Der Fremde lehnt sich zurück und genießt!
Er weiß, dass es sie gibt – die Heimat. Das leere Wort füllt sich mit Leben. Erst die Heimat im Herzen lässt den Fremden genießen – den Garten Eden, die vollkommene, immer gleiche Schönheit.
 


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